In den kommenden Monaten wird im Deutschen Bundestag über die Zukunft der Präimplantationsdiagnostik entschieden. Anbei finden Sie Antworten auf ein paar Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen.
"Durch PID kann den betroffenen Frauen und Familien viel Leid erspart werden, insbesondere wenn diese schon ein behindertes Kind haben."
Es ist falsch, das Leben von Menschen mit Behinderungen immer mit Leid gleichzusetzen. Die meisten der Betroffenen empfinden dies selbst nicht so. Diese Vorstellung entspricht der Außensicht einer Gesellschaft, in der Optimierungsgedanken auch im Bezug auf Menschen zu- und das Wissen über Leben mit Behinderung eher abnimmt. Außerdem sind viele der mit PID diagnostizierten Erkrankungen bereits heute gut behandelbar, so dass die Betroffenen teilweise sogar eine (fast) normale Lebenserwartung haben. Bei manchen Erkrankungen wie z.B. Mukoviszidose weiß man vorher nicht, in welcher Stärke sie ausbrechen wird. Es ist richtig, dass viele Familien mit behinderten Kindern heute immer noch nicht vom Staat und der Gesellschaft die Unterstützung und Hilfen bekommen, die sie verdienen. Daraus können wir aber nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass in Zukunft Kinder mit Behinderungen lieber gar nicht mehr erst zurWelt kommen sollten.
"Es wäre widersprüchlich, wenn man am Embryo in der Petrischale Untersuchungen verbietet, die am Embryo im Mutterleib erlaubt sind. Damit würden der Embryo in vitro mehr geschützt als das Kind im Mutterleib."
Das ist falsch. Das Verbot der PID würde vielmehr zu einer einheitlichen Rechtslage führen. Auch bei Embryonen im Mutterleib ist ein Schwangerschaftsabbruch aufgrund einer Behinderung oder Erkrankung des Kindes nicht zulässig (s.o.). Zudem würden durch den Gesetzentwurf von Flach/Hintze Untersuchungen bei der PID ermöglicht, die im Rahmen der Pränataldiagnostik verboten sind. Das gilt z.B. für die Feststellung sog. spätmanifestierender Erkrankungen, die erst im Erwachsenenalter ausbrechen. (Dies begründet die Gruppe Flach/Hintze interessanterweise in ihrem Argumentationspapier damit, das PID und PND "zwei völlig verschiedene Situationen" seien.)
"Im europäischen Ausland, in dem die PID zugelassen wurde, hat dies auch nicht zu einem Dammbruch bzw. einer massenhaften Ausweitung der PID geführt."
Es mag vielleicht nicht zu einem quantitativen Dammbruch gekommen sein, selbst wenn in Ländern wie Belgien die PID auch nicht vorbelasteten Paaren angeboten wird, die eine ganz normale künstliche Befruchtung in Anspruch nehmen. Jedenfalls ist eine qualitative Ausweitung zu beobachten: In Frankreich wurde vor kurzem - trotz strenger Vorgaben - das erste Rettungsgeschwisterkind gezeugt. In Großbritannien wurde die PID bereits durchgeführt, um Embryonen mit einer Disposition für Brustkrebs auszusortieren. In Israel dient die PID auch dazu, Erbkrankheiten zu verhindern, die durch die seit Generationen übliche Verwandtenheirat in Teilen der Bevölkerung entstanden sind. In den USA ist das sog. social sexing erlaubt, dass den Paaren die Auswahl des Geschlechtes ermöglicht. Dort wie auch in Belgien wurde auch bereits diskutiert, mittels PID die Veranlagung für Fettleibigkeit auszuschließen.
"Wenn in Deutschland die PID verboten wird, werden betroffene Paare ins Ausland gedrängt."
Umgehungsmöglichkeiten wird es immer geben. Wenn wir anfangen, unsere ethischen Maßstäbe an den Ländern mit den liberalsten Regelungen auszurichten, wird das zu einem Ethik-Dumping führen. Wir denken ja auch nicht darüber nach, die Steuern in Deutschland abzuschaffen, nur weil einige ihr Geld illegal in die Schweiz oder nach Liechtenstein bringen. Die Entscheidung, ins Ausland zu gehen, liegt immer noch bei den Paaren selbst. Sie werden also nicht von Staat "gedrängt". Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in einer Entscheidung vor kurzem erklärt, dass es keinen Verstoß gegen die Menschenrechte darstellt, wenn eine Frau für eine medizinischen Behandlung ins Ausland reisen muss, weil eine bestimmte Behandlungsmethode in ihrem Heimatland verboten ist.
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