02.05.2017 – Rentenpolitik
Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zur Umsetzung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes finden Sie hier: 170428 Antwort_Kleine Anfrage_BRSG_18-11876_Veröffentlicht.pdf
Kurzauswertung
Kleine Anfrage „Das Betriebsrentenstärkungsgesetz – Umsetzung und Folgen“
BT-Drucksache 18/11876
Die Betriebsrentenreform der Bundesregierung steht noch auf wackeligem Grund. Und die Liste der offenen Fragen ist lang. Nicht nur kann kaum vorhergesagt werden, ob die Koalition sie noch vor der Sommerpause über die Bühnen des Bundestages wird bringen können (siehe etwa: www.welt.de/wirtschaft/article163909797/Die-Zukunft-der-Betriebsrente-steht-auf-der-Kippe.html). Fragwürdig ist auch, ob das Sozialpartnermodell den erhofften Erfolg zeitigen, also eine bessere Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung in kleinen und mittleren Unternehmen nach sich ziehen wird. Vor diesem Hintergrund haben wir die Bundesregierung im Rahmen einer Kleinen Anfrage befragt und dabei die neuralgischen Punkte der aktuellen Debatte aufgegriffen. Im Folgenden fasse ich die wichtigsten Erkenntnisse zusammen:
Zur Verbreitung der neuen Betriebsrente
Wie sich die Betriebsrente bei einer Umsetzung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) entwickeln wird, wagt das Bundesarbeitsministerium in seiner Antwort nicht zu prognostizieren (Frage 1). Es ist aber optimistisch genug, um der zentralen DGB-Forderung nach einer Vereinfachung der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen eine klare Absage zu erteilen (Frage 5). Diese würde nach Auffassung der Gewerkschaften eine umfassende Verbreitung erst ermöglichen. Die Bundesregierung bekräftigt allerdings, dass auch eine obligatorische oder Opting-Out-Regelung denkbar werde, sobald die auf Freiwilligkeit beruhenden Möglichkeiten ausgeschöpft seien (Fragen 3 und 6). Eine gesetzliche Verpflichtung der ArbeitgeberInnen, ihren Beschäftigten eine Betriebsrente anzubieten, fordern auch wir Grüne (BT-Drucksache 18/10384) und zuletzt auch Teile der SPD-Bundestagsfraktion.
Zum Garantieverbot / Zur Zielrente
Dem Ruf von VerbraucherschützerInnen (so der Bund der Versicherten in seiner Stellungnahme zum BRSG vom 24.11.16, S. 16) folgt das BMAS nicht. So sollen „Mindestanforderungen an die Verwendung der Beiträge“ im Sozialpartnermodell ausschließlich über Verordnungen der zuständigen Bundesministerien festgelegt und damit im Ergebnis der parlamentarischen Kontrolle entzogen werden (Frage 9). Die Bundesregierung äußert sich erstmals zu dieser Frage. Enge gesetzliche Regelungen zum Umgang mit den Beiträgen sind aus Grüner Sicht vor dem Hintergrund fehlender Garantien allerdings dringend geboten. Dies gilt umso mehr, als dass das BMAS selbst Leistungskürzungen während der Rentenphase explizit nicht ausschließen will (Frage 10). Zwar solle der sogenannte Sicherungsbeitrag der Arbeitgeber eine solche Leistungssenkung „möglichst“ abwenden (Frage 10). Eine Arbeitgeber-Verpflichtung, einen Sicherungsbeitrag zu leisten, sieht die Bundesregierung allerdings nicht vor (Frage 11).
Der Antwort des BMAS ist nicht zuletzt (implizit) auch eine Absage an das aktuelle Ansinnen Bayerns zu entnehmen, im Sinne von Teilen der Versicherungswirtschaft das Garantieverbot aufzuweichen (siehe zum Beispiel obiger Link). So rechtfertigt das Ministerium unter anderem in der Antwort auf Frage das Garantieverbot (mitsamt seiner Folgen) mit der Chance auf höhere Erträge, mit dem Sicherungsbeitrag, mit der Risikominderung durch aufsichtsrechtliche Vorschriften und mit der Beteiligung der Sozialpartner an der Steuerung der Versorgungseinrichtungen (Frage 11).
Zur den geplanten Freibeträgen bei der Anrechnung von Zusatzvorsorgeleistungen auf die Grundsicherung
Das BRSG sieht Freibeträge im Falle von Betriebsrenten und Riester-Renten vor. Die Koalition beschreitet damit einen sozialpolitisch-systematisch völlig neuen Weg. Bei der gesetzlichen Rente soll es allerdings keinen Einkommensfreitrag geben. In der Antwort auf Frage 15 bezieht die Bundesregierung zu dieser Ungleichbehandlung erstmals schriftlich Stellung. Im Ergebnis räumt die Bundesregierung der zusätzlichen Altersvorsorge aus Motivationsgründen eine deutliche Präferenz gegenüber dem Pflichtsystem Rentenversicherung ein – eine Regelung, die in den letzten Monaten nicht nur auf Kritik der Rentenversicherung Bund, sondern auch vonseiten verschiedener Verbände gestoßen ist.
Ende der Doppelverbeitragung?
Das BMAS lehnt ein Ende der sogenannten Doppelverbeitragung ab (Frage 19). Die Verbeitragung von Versorgungsbezügen aus Betriebsrenten soll also grundsätzlich beibehalten werden. Derzeit betragen die Beitragseinnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung rund 5,3 Milliarden Euro. Eine Änderung über die Regelungen des BRSG hinaus, wie etwa vonseiten der Sozialpartner gefordert, dürfte es also nicht geben. Die Bundesregierung stellt sich damit ebenso erneut gegen das Petitum des Bundesrates.