24.11.2020 – Rentenpolitik
Sicher ist es richtig, auch andere Erwerbstätige in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Anknüpfungspunkte sehe ich auch bei den Minijobs. Es wäre sinnvoll, die Rentenversicherungsfreiheit künftig zu streichen. Leider fehlt eine eindeutige Aussage, die Rentenversicherung als Einkommensversicherung zu stärken, wozu es eines dauerhaft stabilen Rentenniveaus bedürfte. Die Rentenversicherung wird als Einkommensversicherung umso wichtiger, da jetzt die Grenzen des Kapitalmarktes deutlich erkennbar sind.
Die CDU hingegen will offenbar stattdessen die gesetzliche Rentenversicherung gleichsam verunstalten, indem sie diese von einer reinen Umlagefinanzierung in ein Mischsystem aus Umlage und Kapitalanlage umzubauen gedenkt. Wie man in diesen Zeiten jährlich die Summe von 64 Milliarden sinnvoll anlegen will, erschließt sich mir jedoch nicht. Schon nach fünfzehn Jahren wäre das Volumen des größten Staatsfonds der Welt, des norwegischen, erreicht. Zusätzlich stellt die CDU in Aussicht, dass Beschäftigte verpflichtend über die private Altersvorsorge in den neuen Rentenfonds einzahlen. Im Verlauf eines durchschnittlichen Beitragszahler- und Rentnerlebens summieren sich die Beiträge bei rund einhundert Milliarden Euro im Jahr auf sechs Billionen Euro anzulegendem Kapital in 60 Jahren. Das entspricht etwa dem gesamten privaten Kapitalvermögen in Deutschland.
Der Vorschlag aus der CDU erscheint mir vor diesem Hintergrund nicht nur einigermaßen wahnwitzig. Er ist auch inkonsistent und widersprüchlich: Während einerseits auf mittlere Frist der größte Kapitalmarktfonds der Welt skizziert wird, attestiert das Papier an anderer Stelle eine „andauernde Kapitalmarktschwäche“. Deshalb sei ein Teil der Nachhaltigkeitsrücklage der Rentenversicherung in den sozialen Wohnungsbau zu investieren Eine arbeitgeberfinanzierte Mindestbemessungsgrundlage, wie sie die CDU vorschlägt ist, mag sinnvoll sein. Auch über das Thema Lebensarbeitszeit kann man diskutieren. Eine Regelversicherungszeit von 45 Jahren, die zu einer abschlagsfreien Rente führt, ist diskussionswürdig. Dies ist aber nur denkbar, wenn man mit Sonderregelungen der Situation der Arbeitnehmer*innen gerecht wird, die besonders hohen körperlichen und psychischen Belastungen unterliegen.
Mein Statement in der Berliner Zeitung: https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellscha...