11.09.2024 – Arbeit und Soziales, Grüne Politik
Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine verehrten Damen und Herren auf der Tribüne, nur zu Ihrer Information: Sie befinden sich nicht in einer Debatte über das Baugesetzbuch, sondern in der Debatte über den Haushalt des Etats „Bauen und Wohnen“.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Und wenn wir uns die Zahlen angucken, die dort maßgeblich sind, sehen wir, dass dieser Etat mit insgesamt 7,4 Milliarden Euro und 6 Milliarden Euro Verpflichtungsermächtigungen, also Ausgabeverpflichtungen für die Zukunft, erneut deutlich gewachsen ist. Wir erinnern uns: Gestartet ist das BMWSB, das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen, 2022 mit einem Etat von knapp 5 Milliarden Euro. Der Aufwuchs über die ganzen letzten Jahre, einschließlich desjenigen, der im nächsten Jahr kommen wird, spiegelt also sehr deutlich wider, dass diese Koalition weiß, wie wichtig Wohnraum, wie wichtig das Thema Bauen und wie wichtig bezahlbares Wohnen in diesem Lande ist.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Ein Sparhaushalt, wie viele befürchtet haben, ist der Einzelplan 25 also keinesfalls. Und wie die Ministerin bereits erwähnte, fließt ein sehr großer Teil in den sozialen Wohnungsbau. Auch hier gab es in den vergangenen Jahren immer wieder einen Aufwuchs mit einer klaren Verpflichtung für die Zukunft. Und ich beobachte als zuständiger Haushaltspolitiker für Bündnis 90/Die Grünen, dass offensichtlich auch so langsam die Zusammenarbeit mit den Ländern, die Verwaltungsvereinbarungen, besser in Gang kommt und dass sich auch die Mittelabflüsse verbessern. Entscheidend ist nämlich nicht nur das, was wir in den Haushalt schreiben, sondern dass es Wirkung zeigt, dass es auch wirklich in reale Gebäude und Wohnungen fließt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Und spätestens wenn ich mir das Thema „sozialer Wohnungsbau“ angucke, muss ich an die Adresse der Union sagen: Sie beklagen sich jetzt hier und vergießen Krokodilstränen, dass wir da auf ganzer Linie immer noch nicht genug tun würden. Aber in den ganzen Jahren, bevor wir angetreten sind, haben Sie zugesehen, wie der Bestand an Sozialwohnungen Zug um Zug geschrumpft ist, weil Wohnungen aus der Sozialbindung gefallen sind.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Die Platte ist aber ein bisschen alt jetzt langsam!)
Das sind insgesamt Entwicklungen – wie auch bei Baugenehmigungen, der Baulandentwicklung und dergleichen –, die man nicht mal eben Hacke, Spitze, eins, zwei, drei verändern kann. Der Bau ist halt kein Schnellboot, sondern ein Tanker.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Sie haben ja drei Jahre schon nichts getan!)
Das heißt, wir müssen hier über mehrere Jahre umsteuern; und diese wichtige Umsteuerung haben wir auch eingeleitet.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Ja, wo denn?)
Natürlich muss man auch sagen, dass auch der Bau den Megatrends der Wirtschaft insgesamt unterliegt: Da sind die Baukosten, die durch die Energiepreise beeinflusst sind, da sind die Bodenpreise als enorm wichtiger Faktor und auch als sehr langfristig wirkender Faktor, und da sind natürlich auch die Zinsen, die ja, wie wir wissen, zuletzt in die Höhe gegangen sind. All diese Faktoren muss man, finde ich, mitberücksichtigen, bevor man uns an dieser Stelle jetzt einseitig Untätigkeit zuschreibt bzw. vorwirft.
(Zuruf des Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU])
Gerade bei den Bodenpreisen und der Verfügbarkeit von Boden sind wir auch auf die Zusammenarbeit mit Kommunen und Ländern angewiesen.
(Zuruf der Abg.Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Jahrelang ist es ja leider so gewesen, dass in viel zu vielen Städten und Gemeinden Bauland und Boden an meistbietende Investoren abgegeben worden ist, die dann sehr großzügig und auch teuer gebaut haben, aber eben nicht unbedingt auf bezahlbaren Wohnraum geachtet haben. Das sind langfristige Trends in den letzten Jahrzehnten gewesen, die man nicht mal so eben auf einen Schlag mit einem Federstrich von hier aus zurückdrehen kann. Diese Illusion sollten wir den Menschen auch nicht vorgaukeln, sondern wirklich ehrlich und hart an der Sache arbeiten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Den Rest der verbleibenden Zeit möchte ich durchaus auch noch mal kurz für Selbstkritik nutzen. Es ist ja sicherlich kein Geheimnis, dass wir nicht in allen Fragen – so gut wir uns hier als Koalition bemühen – Einigkeit haben oder das erreicht haben, was wir wollten.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das haben wir gemerkt!)
Für Bündnis 90/Die Grünen muss ich hier bemerken, dass wir die neue Wohngemeinnützigkeit als Instrument neben dem sozialen Wohnungsbau, als eine neue Komponente, als einen Bestand an gemeinnützig bewirtschaftetem Wohnraum, gerne stärker verankert gesehen hätten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Uwe Schmidt [SPD])
Aber wir haben da immerhin auch was eingeleitet, nämlich dass es steuerliche Vergünstigungen gibt. Aber bei der sogenannten investiven Komponente, dass wir also aktiv neue Wohnungsbaugesellschaften, die gemeinnützig sind, nicht profitorientiert sind, unterstützen, sind wir leider nicht da angekommen, wo wir aus unserer Sicht hätten hinkommen müssen. Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Wir werden sicherlich noch weiter an diesem Thema insgesamt arbeiten. Ich glaube auch, dass sich hier gerade in den Ballungsräumen die Vernunft durchsetzen wird.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das andere, was wir qualitativ schon in Gang gebracht haben und weiter voranbringen, ist ein vernünftiger, klimafreundlicher Neubau. Das sind auch die neuen Programme wie „Jung kauft Alt“, mit denen wir versuchen, dem demografischen Wandel auch in den ländlichen Räumen, aber auch an den Stadträndern der Mittelstädte gerecht zu werden. Denn das Problem ist ja vielfach, dass, wenn man es pro Kopf sieht, durchaus genügend Wohnraum da ist, er nur halt sehr ungleich verteilt ist. Wir haben es in vielen Gegenden damit zu tun, dass ältere Menschen dann, wenn die Kinder aus dem Haus sind oder der Ehepartner verstorben ist, als Einzelperson in sehr großen Wohnungen oder gar Einfamilienhäusern leben, sich den Umzug aber auch nicht unbedingt leisten können, weil woanders die Mieten wiederum zu hoch sind. Verbunden mit dieser Problematik der Verteilung von Wohnraum, dass wir den vorhandenen Wohnraum besonders gut nutzen, ist eine ökologische, aber auch eine soziale Frage. Daher haben wir zum Beispiel das Programm „Jung kauft Alt“. Daran sehen Sie, dass wir als Koalition die Problematik auf ganz vielen verschiedenen Ebenen seriös behandeln. Vielen Dank. Ich freue mich auf die Beratungen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)