Deutliche Kritik am Aktionsplan der Bundesregierung
Am Montag hatten die Abgeordneten aller Fraktionen in einer Öffentlichen Anhörung des Ausschuss für Arbeit und Soziales die Gelegenheit 16 Expertinnen und Experten über ihre Perspektive auf den Aktionsplan zu befragen.
Auch im Rahmen der Anhörung wurde deutlich kritisiert, dass die Zusammenarbeit mit den Verbänden bei der Erstellung des Aktionsplanes nicht auf Augenhöhe stattgefunden habe. Der Plan habe Mängel in der Defizitanalyse und benenne seine Ziele nicht hinreichend konkret. Professor Welti wies darauf hin, dass die Frage der Vereinbarkeit älterer Rechtsnormen und ihrer Umsetzung mit der Konvention im Aktionsplan nicht angegangen wurde. In diesem Zusammenhang wurde ebenfalls die Frage aufgeworfen, wie institutionell sichergestellt werde, dass laufende Gesetzgebungsverfahren auf ihre Übereinstimmung mit der UN-Konvention geprüft werden. Herr Dürrschmitt verwies auf die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes: Im Zuge der Liberalisierung des Fernbusverkehrs trifft die Bundesregierung keine gesetzlichen Maßnahmen, um die Barrierefreiheit neu eingerichteter Fernbuslinien zu gewährleisten.
Große Einigkeit bestand unter den Sachverständigen über die Notwendigkeit, das Recht für Menschen mit Behinderungen aus der Sozialhilfe herauszulösen. Dies sei insbesondere im Rahmen der Reform der Eingliederungshilfe anzugehen, auf die im Aktionsplan immer wieder verwiesen wird. Der Deutsche Behindertenrat berichtete auf Nachfrage, er sei in den Reformprozess lediglich über Konsultationen eingebunden.
Die Teilhabe behinderter Menschen auf dem Arbeitsmarkt ist ein zentrales Handlungsfeld des Aktionsplans und wurde auch auf der Anhörung debattiert. Mehrere Sachverständige sprachen sich für die bundesweite Einführung des sogenannten Budget für Arbeit aus. Ein klares Bekenntnis zur Förderung von Integrationsbetrieben lässt sich im Aktionsplan nicht finden. So bemängelte Professor Burtscher, dass im Aktionsplan zwar die bevorzugte Berücksichtigung bei der Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand an Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (entsprechend § 141 SGB IX) genannt werde, sich aber nichts vergleichbares für Integrationsbetriebe finden ließe.
Die Bundesregierung ist vor dem Hintergrund der Anhörung noch einmal aufgefordert, bestehende Widersprüche zwischen der UN-Konvention und anderen Rechtsnormen auszuräumen. Menschen mit Behinderungen können mit Verweis auf den Mehrkostenvorbehalt (§ 9 Abs. 2 Satz 3 und § 13 Abs. 1 Satz 4 SGB XII) noch immer gegen ihren Willen in stationären Einrichtungen untergebracht werden. Deutlicher kann der Widerspruch zu Artikel 19 UN-Konvention, der die Verpflichtung in besonderen Wohnformen zu leben explizit ausschließt, nicht sein.
Hier können Sie eine untertitelte Aufzeichnung der Anhörung nachverfolgen:
http://tinyurl.com/6gujjrq
Das Wortprotokoll der Anhörung können Sie weiter unten herunterladen.
Wir verwenden Cookies auf der Website. Welche das sind und zu welchem Zweck, erfahren Sie in unserer Datenschutzerklärung.