Koalition für Menschen mit Behinderungen? Den Worten müssen Taten folgen!
Anlässlich der Veröffentlichung des Koalitionsvertrages erklären Markus Kurth und Corinna Rüffer:
Nach langen Verhandlungen äußern sich SPD, CDU und CSU in ihrem Koalitionsvertrag auch zur Verbesserung der Situation behinderter Menschen. Die Großkoalitionäre versprechen fünf Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt für die Kosten der Eingliederungshilfe. Ein geschicktes Täuschungsmanöver - das Geld wird in dieser Höhe tatsächlich erst 2018 fließen. Überdies ist es nur dann gut angelegt, wenn sich die Unterstützung für Menschen mit Behinderungen auch qualitativ verbessert. Ob sich wirklich etwas zum Guten ändert, bleibt unklar.
Barrierefreiheit, Inklusion und die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen als Experten in eigener Sache - das klingt schön und richtig. Auf den zweiten Blick verschwimmt dann alles im Nebel: Teilhabeleistungen aus dem Fürsorgesystem lösen - bedeutet das den Verzicht auf die Anrechnung von Einkommen und Vermögen? Rechtliche Hemmnisse bei der Ausübung des Wahlrechts für Betreute abbauen - warum nicht gleich den Wahlrechtsausschluss abschaffen? Nachdem kurz vor der Wahl weder SPD noch Union unserem Gesetzentwurf zur Abschaffung des Wahlrechtsausschlusses zugestimmt haben, kommen hier keine großen Hoffnungen auf.
Besonders enttäuschend sind die Pläne zum inklusiven Arbeitsmarkt. Das ehrenamtliche Engagement der Schwerbehindertenvertretungen soll anerkannt und gestärkt werden. Das kann alles heißen, oder auch gar nichts. Beim Budget für Arbeit bleiben die künftigen Koalitionäre sogar hinter den Vorschlägen ihrer eigenen Landesregierungen zurück. Die Länder setzen sich für einen dauerhaften Lohnkostenzuschuss als Nachteilsausgleich ein, um Menschen mit Behinderungen den Weg auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Die Großkoalitionäre können sich gerade mal vorstellen, "Erfahrungen mit dem Budget für Arbeit einbeziehen" zu wollen.
Von Inklusion zu sprechen, war auch für die letzte Bundesregierung kein Problem. Viel bewegt hat sie nicht. Mit einem Lippenbekenntnis zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention ist es nicht getan. Die Situation behinderter Menschen wird sich langfristig nur verbessern, wenn das Leistungsrecht auch inhaltlich weiterentwickelt wird. Und hier zeugt der Vertrag nicht von Vision und Tatendrang - er ist eher ein Nachweis dafür, dass jemand die richtigen Vokabeln gelernt hat.
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